29.02.2024 - 11:56 | Quelle: Transfermarkt | Lesedauer: unter 9 Min.
VfB Stuttgart
Fernando Meira
Ex-Stuttgarter im Interview  

Meira widerstand Bayern: „War beim VfB noch nicht fertig“ – Tischtennis-Duelle mit Ronaldo

Fernando Meira widerstand FC Bayern: War beim VfB Stuttgart noch nicht fertig
©TM/IMAGO

Fernando Meira erhielt während seiner aktiven Karriere viele Beinamen wie Zweikampfmonster und knallharter Verteidiger, die eindrucksvoll zeigen, welchen Stellenwert er sich in der Bundesliga erarbeitete. Doch nicht nur wegen seiner Leistungen und der Meisterschaft 2007 mit dem VfB Stuttgart hinterließ der Portugiese seinen Stempel im deutschen Fußball-Oberhaus. 


Unbehelligt durch die Öffentlichkeit spazieren und dabei nicht erkannt zu werden, ist für aktive Profis eine große Herausforderung. Anders, könnte man meinen, verhält es sich, wenn Spieler ihre Fußballschuhe an den Nagel gehängt haben. Für Fernando Meira gilt das nicht, denn wenn der Ex-Verteidiger zu Gast in Deutschland ist, wird er noch häufig auf der Straße angesprochen. Doch als nervig oder zumindest anstrengend empfindet er das zu keiner Zeit, schließlich handele es sich dabei um eine Form von Wertschätzung. Und 173 Bundesliga-Spiele sind eine vorzeigbare Quote.


Leistungsdaten
Fernando Meira
F. Meira Innenverteidiger
Gesamte Leistungsdaten
Alle Wettbewerbe
Spiele
412
Tore
18
Vorlagen
16


„Wenn ich an die Zeit in der Bundesliga zurückdenke, empfinde ich absolute Freude. Wir haben mit dem VfB Stuttgart Historisches geleistet. Ich weiß, dass mich viele als Bundesliga-Legende sehen, aber ich fühle mich nicht so. Ich mochte es nie, im Rampenlicht der Öffentlichkeit zu stehen. Das Einzige, was ich wollte, war es, Fußball zu spielen, die Fans glücklich zu machen und ein Vorbild für Nachwuchsspieler zu sein“, erzählt Meira.



Früher musstest du dir einen Namen und einen Status erarbeiten, heute wechseln bereits junge Spieler für 20, 30 Millionen Euro die Vereine.



Für 7,5 Millionen Euro wechselte der Defensivmann Anfang 2002 von Benfica Lissabon zum VfB Stuttgart. Was heute nach einer normalen Ablöse klingt, war damals vereinsinterner Rekord. „Tatsächlich hat mich meine Ablöse nicht wirklich interessiert, aber ich wollte es mir und vor allem dem Klub beweisen. Ich wollte in der Bundesliga Spuren hinterlassen. Das Geld, was damals gezahlt wurde, war nicht wenig, und mir war bewusst, dass der VfB ein Risiko eingeht. Wenn ich die heutigen Ablösen sehe, muss ich sagen: das ist für mich wie Monopoly. Früher musstest du dir einen Namen und einen Status erarbeiten, heute wechseln junge Spieler für 20, 30 Millionen Euro die Vereine. Ich kann das tatsächlich nicht mehr nachvollziehen. Wenngleich sich der Fußball gewandelt hat und es nicht mehr nur ums Sportliche geht, sondern der Faktor Marketing und Vermarktung mehr in den Fokus rücken“, meint der Portugiese.



„Wir sind damals in Stuttgart unfassbar toll aufgenommen worden. Alle Mitarbeiter haben sich um meine Familie und mich bemüht. Deshalb wollte ich auch so schnell wie möglich Deutsch lernen, um anzukommen. Auf mich ist damals viel Neues eingeprasselt. Bei Schnee, Regen und Eis unter Felix Magath zu trainieren, macht schon Spaß“, lacht Meira. Gelacht wurde unter dem inzwischen 70-Jährigen aber selten. „Magath ist kein Trainer, der für Spaß steht. Magath wollte einzig und allein Erfolg. Es gab viele Spieler, die mit seiner Art nicht klarkamen. Ich habe aber versucht, seine Gewinner-Mentalität anzunehmen“, verrät Meira, der sich schmunzelnd an spezielle Momente mit dem ehemaligen Stuttgarter Schleifer erinnert.


VfB Stuttgart: Fernando Meiras besondere Erfahrungen mit Trainer Felix Magath


„Es gab einige Anekdoten mit Felix Magath. Zum Beispiel hatte sich Alex Hleb einen Sportwagen gekauft und war auch stolz darauf. Felix fand das nicht so gut und sagte ihm ganz klar: ‚Du sitzt beim nächsten Spiel auf der Bank, den Wagen musst du dir erstmal im Training verdienen.‘ Nachdem ich wegen eines ausgefallenen Flugs verspätet von der Nationalmannschaft kommend zum Training erschienen bin, hat er mich einfach eine Stunde lang auf dem Platz ohne Ball laufen lassen. 15 Minuten schnell, 15 Minuten langsam. Dabei hat er mich die ganze Zeit beobachtet.“



Von Beginn an entwickelte sich Meira zu einem der wichtigsten Führungsspieler beim VfB. Schon in der frühen Phase seiner Karriere beeindruckte er mit seinem starken Stellungsspiel, seiner körperbetonten Art und entwickelte sich zu einem der besten Innenverteidiger der Bundesliga, der einige Angreifer zur Verzweiflung brachte. Es gab aber auch Gegenspieler, die Meira das Leben schwer machten. „Für mich waren Kevin KuranyiJan Koller und Roy Makaay die besten Stürmer, gegen die ich spielen durfte. Ich habe immer versucht, fair, aber sehr körperbetont zu spielen. So brauchte ich auch keinen Trash-Talk anzuwenden. Was mir aber bis heute leidtut, ist mein Foul im DFB-Pokal-Finale 2007 gegen Marek Mintál. Ich wollte unbedingt diesen Titel und war entsprechend motiviert – leider habe ich ihn böse erwischt“, gibt der 45-Jährige zu. Nürnbergs Knipser Mintal musste mit einer Trage vom Platz und das Spiel, das zu Gunsten des FCN ausgehen sollte, war für ihn vorbei.



Dass Meira eine solche sportliche Entwicklung nehmen konnte, lag zum Teil auch an seinem Nebenmann in der Abwehrzentale: Marcelo Bordon. Insgesamt 77-mal standen die Beiden zusammen auf dem Platz und wurden in der Saison 2002/03 deutscher Vizemeister. „Neben dem Platz gab es keinen Spieler, der so nett und herzlich war wie Marcelo. Auf dem Platz war er ein Monster, ein Hammer. Für mich war er ein brutal starker Innenverteidiger und ich habe mich gewundert, warum er nie bei einem europäischen Top-Verein gespielt hat.“  



Besonders die Champions-League-Teilnahme 2003/04 ist dem Defensivmann sehr präsent in Erinnerung geblieben. Als Außenseiter gestartet, überstand der VfB seine Gruppe souverän als Tabellenzweiter hinter Manchester United. Besonders der 2:1-Sieg gegen die Red Devils war eine historische Nacht. „An diesem Abend hat sich unsere Mentalität ausgezahlt. Wir wollten diesen Sieg unbedingt. Wenn man bedenkt, dass Man United mit absoluten Weltstars wie Giggs, van NistelrooyFerdinand und Cristiano Ronaldo angetreten ist, kann man diesen Sieg nicht hoch genug bewerten. Es war ein fantastischer Abend“, so Meira.


Anders als Bordon: Meira blieb dem VfB treu und wurde Deutscher Meister


Während Nebenmann Bordon die Stuttgarter 2004 verließ, blieb Meira den Schwaben treu, obwohl es immer wieder Anfragen gab. „Tatsächlich wollten mich die Bayern verpflichten, aber ich wollte Stuttgart nicht verlassen. Ich hatte das Gefühl, ich war hier noch nicht fertig. Außerdem hat sich meine Familie extrem wohlgefühlt in Stuttgart. Nach dem Gewinn der Meisterschaft gab es Anfragen von Juventus Turin und Real Madrid, leider haben die Wechsel aus verschiedensten Gründen nicht geklappt“, offenbart der Portugiese.


Hildebrand auf Platz 1 Häufigste Mitspieler von Fernando Meira Zur Übersicht Den Stellenwert, den Meira zweifellos für seinen Klub besaß, hing auch damit zusammen, dass er sich immer in den Dienst der Mannschaft stellte und in der Saison 2006/07 zum Mannschaftskapitän aufstieg. Eine Spielzeit, die historisch werden sollte. Doch davon ahnte zunächst niemand etwas beim VfB, schließlich schlossen die Schwaben die vorherige Saison als Tabellen-Neunter ab. Der Fokus von Cheftrainer Armin Veh lag vermehrt auf jungen Talenten. Besonders ein Talent stach Kapitän Meira nach den ersten Trainingseinheiten ins Auge.


„Bei Mario Gómez hat man sofort gesehen, welches Potenzial er besitzt. Er war der klassische Stürmer, der nur eine Chance für ein Tor brauchte. Sein Anfangsproblem war, dass er zu nett auf dem Platz agierte. Ich sagte ihm mehrfach: ‚Mario, du bringst alles mit, um ein großer Spieler zu werden. Du musst jetzt anfangen, aggressiver zu werden.‘ Er hat es dann umgesetzt und man sieht, welche Karriere er eingeschlagen hat“.


Leistungsdaten
Mario Gómez
M. Gómez Mittelstürmer
VfB Stuttgart
VfB Stuttgart
Gesamte Leistungsdaten
Alle Wettbewerbe
Spiele
230
Tore
110
Vorlagen
30


Mit den vielen Youngstern im Kader erwartete kein VfB-Fan große Wunder, denn nach den ersten drei Spieltagen lag der VfB im Niemandsland der Tabelle. Doch mit der Zeit wurde aus Individualisten ein wahres Team. Thomas Hitzlsperger und Roberto Hilbert spielten sich in den Fokus, Gómez und Sami Khedira entwickelten sich zu Leistungsträgern, Torhüter Timo Hildebrand zu einer unüberwindbaren Hürde und mittendrin agierte Meira als Leader. Die Hinrunde beendeten die Stuttgarter auf dem 4. Tabellenplatz. In der Rückrunde starteten die Stuttgarter richtig durch, verbesserten sich Stück für Stück – ein Herzschlagfinale sollte sich anbahnen. Während der VfB Stuttgart mit 67 Punkte in das letzte Spiel ging, lag der Verfolger Schalke 04 bei 65 Zählern. Nach dem 2:1-Sieg gegen Energie Cottbus kannte die Freude keinerlei Grenzen mehr, die fünfte Meisterschaft war amtlich.


„Cottbus war extrem aggressiv, die wollten uns fallen sehen. Was uns damals ausgezeichnet hat, war die Vielzahl von Mentalitätsspielern. Nach außen hin haben wir die Rolle des Underdog gespielt, aber intern und in der Kabine wussten wir, welche Qualität wir besitzen. Und so sind wir auch im Finale gegen Cottbus aufgetreten: wir wollten diesen Meistertitel unbedingt“, erinnert sich Meira.


Meira erinnert sich an WM 2006 in Deutschland und Tischtennis-Duelle gegen Cristiano Ronaldo


Wenn er an seine Zeit in Deutschland zurückdenkt, kommen automatisch Gedanken zur Weltmeisterschaft 2006 hoch. Die Euphorie rund ums deutsche „Sommermärchen“ bekam Meira hautnah mit. Mit seinen Portugiesen hatte sich der Innenverteidiger für die Endrunde qualifiziert. Sein Team setzte dort zum Erfolgslauf an: Nachdem die Gruppenphase (mit Mexiko, Angola und dem Iran) ohne Probleme überstanden wurde, warteten ab dem Achtelfinale die echten Brocken, die nach und nach aus dem Weg geräumt wurden. Zunächst gewannen die Portugiesen gegen die Niederlande mit 1:0, anschließend wurde England mit 3:1 nach Elfmeterschießen besiegt. Entsprechend groß waren die Vorfreude und die Hoffnungen, mit einem weiteren Sieg ins WM-Finale einziehen zu können. Doch ausgerechnet einer der größten Fußballer der Geschichte war es, der den portugiesischen Traum zerstörte. Zinédine Zidane brachte im Halbfinale die französische Nationalmannschaft mit einem verwandelten Elfmeter in Front – dabei sollte es bleiben.



Cristiano Ronaldo war so sauer, dass er zwei Monate lang nicht mit mir gespielt hat



„Auf der einen Seite habe ich an die WM nur schöne Erinnerungen. Besonders die Bilder von der Stimmung und den ausverkauften Stadien kommen mir immer wieder hoch. Man hat gemerkt, dass das ganze Land auf den Beinen war. Natürlich wünscht man sich als Fußballprofi nichts sehnlicher, als in ein WM-Finale zu kommen. Aber wenn man auf dem höchsten Niveau spielt, sind kleine Details und Nuancen entscheidend. Und in diesem Falle war Frankreich einen Tick besser als wir“, konstatiert Meira. 


Insgesamt 54-mal lief er für die Seleção auf und spielte mit Stars wie Pauleta, Luís FigoDeco und Cristiano Ronaldo. Welches dieser Idole ist am Ende für ihn die größte Legende? „Ganz klar Cristiano. Er ist eine Ikone. Seine Einstellung zum Fußball war geprägt von absoluter Professionalität. Er hat bereits in jungen Jahren sein ganzes Leben auf den Erfolg ausgerichtet. Er war absolut ehrgeizig“, so Meira, der lachend auf eine Anekdote verweist. „Mit Cristiano habe ich mich immer im Tischtennis duelliert. Einmal habe ich ihn haushoch besiegt. Er war so sauer, dass er anschließend zwei Monate lang nicht mit mir gespielt hat. Irgendwann hat er mich zu einem neuen Duell herausgefordert und gewonnen. Was ich nicht wusste: Er hatte heimlich geübt und wollte unbedingt diese Revanche gewinnen.“ Eine Niederlage, die Meira gut verschmerzen konnte.


Von Henrik Stadnischenko


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Leeds23 FC Schalke 04 Leeds23 01.03.2024 - 11:51
Zitat von Vorstopper78
War es nicht damals so, dass man beim VfB dachte, die 7,5 Mio seien DMark und erst später merkte, dass Lissabon Euro meinte?


Da erinnere ich mich auch noch dunkel dran und meine das es auch so gewesen ist wie du schreibst.
Vorstopper78 Vorstopper78 29.02.2024 - 14:54
War es nicht damals so, dass man beim VfB dachte, die 7,5 Mio seien DMark und erst später merkte, dass Lissabon Euro meinte?
M_Gomez33 Huachipato FC M_Gomez33 29.02.2024 - 14:39
Was war das damals für eine IV zusammen mit Bordon und später dann Delpierre, als Ersterer zu Schalke ging smile

173 Bundesligaspiele kamen mir auf den ersten Blick recht wenig vor, hätte wetten können, dass es über 200 waren. Aber letztendlich war er auch "nur" 6,5 Jahre in Stuttgart, auch wenn es sich definitiv länger angefühlt hat. Eine echte Legende und einer der Leader einer historischen VfB-Mannschaft!
Fernando Meira
Karriereende
Fernando Meira
Geb./Alter:
05.06.1978 (45)
Nat.:  Portugal
Akt. Verein:
Karriereende
Vertrag bis:
-
Position:
Innenverteidiger
Marktwert:
-
Cristiano Ronaldo
Al-Nassr FC
Cristiano Ronaldo
Geb./Alter:
05.02.1985 (39)
Nat.:  Portugal
Akt. Verein:
Al-Nassr FC
Vertrag bis:
30.06.2025
Position:
Mittelstürmer
Marktwert:
15,00 Mio. €
VfB Stuttgart
Gesamtmarktwert:
302,90 Mio. €
Wettbewerb:
Bundesliga
Tabellenstand:
2.
Kadergröße:
28
Letzter Transfer:
Mahmoud Dahoud
FC Bayern München
Gesamtmarktwert:
872,45 Mio. €
Wettbewerb:
Bundesliga
Tabellenstand:
2.
Kadergröße:
28
Letzter Transfer:
Bryan Zaragoza
Portugal
Gesamtmarktwert:
1,03 Mrd. €
Kadergröße:
26
UEFA Champions League

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